Private Equity im Beratungsgespräch: Warum sich der Blick über den Börsenrand lohnt

Private Equity ist schon lange kein Nischenthema mehr. Was früher fast ausschließlich institutionellen Anlegern vorbehalten war, rückt immer stärker für Privatanleger in den Fokus – nicht zuletzt durch neue regulatorische Möglichkeiten wie den ELTIF 2.0. Doch lohnt sich der Einstieg wirklich? Und wenn ja, worauf sollten Anleger und ihre Berater besonders achten?
Der Begriff „Private Equity“ bezeichnet nicht „ein“ Produkt, sondern eine ganze Anlageform: Es geht um unternehmerisches Kapital, das abseits der Börse in nicht börsennotierte Unternehmen investiert wird – von Frühphasenfinanzierungen (Venture Capital) über Wachstumsfinanzierungen bis hin zu großen Konzernen. Im Zentrum steht dabei stets das Ziel, die Unternehmen zu entwickeln, einen Mehrwert zu schaffen und sie nach einigen Jahren gewinnbringend zu verkaufen.
Gerade langfristig orientierte Anleger können von dieser Logik profitieren. Private Equity gilt als attraktive Ergänzung für das Portfolio, da es die Chance auf überdurchschnittliche Renditen bei vergleichsweise geringer Korrelation zu den öffentlichen Kapitalmärkten bietet. In Zeiten anhaltender Unsicherheiten, volatiler Börsen und weiterhin erhöhter Inflation wächst die Nachfrage nach substanzbasierten Anlageformen.
Private Märkte öffnen sich – Schritt für Schritt
Lange Zeit war der Zugang zu Private Equity nahezu ausschließlich institutionellen Anlegern vorbehalten. Für Privatanleger gab es vereinzelt spezialisierte Anbieter mit entsprechendem Zugang und der nötigen Expertise. Dazu gehört etwa Munich Private Equity, die seit 1999 privaten Investoren Investitionen in sicherheitsorientierte Private-Equity-Konzepte ermöglichen. In den vergangenen Jahren hat sich der Markt schrittweise weiter geöffnet. Mit der Reform des European Long-Term Investment Fund (ELTIF) durch die EU wurde ein weiterer Meilenstein erreicht: ELTIF 2.0 ermöglicht Privatanlegern die Beteiligung an langfristigen, alternativen Anlageformen wie Private Equity oder Infrastruktur.
Doch so attraktiv die Einstiegsmöglichkeiten sind – sie sollten nicht zu Schnellschüssen verleiten. Denn Private Equity ist nicht gleich Private Equity. Wer sinnvoll investieren will, muss verstehen, welche Unterschiede es gibt – und welche Strategie zu den eigenen Zielen passt.
Was Private-Equity-Produkte unterscheidet
Ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl eines Private-Equity-Produkts ist das Segment. Investiert der Fonds in Start-ups oder in etablierte Mittelständler? In Europa oder weltweit? In einen einzelnen Zielfonds oder handelt es sich um ein sogenanntes Dachfondsmodell mit breiter Streuung?
Gerade für sicherheitsorientierte Anleger empfiehlt sich häufig ein Fokus auf den Lower Mid-Market – also den kaufmännisch etablierten Mittelstand. Hier finden sich profitable, wachstumsstarke Unternehmen mit solider Kapitalstruktur und realistischen Entwicklungsperspektiven. Fonds, die in diesem Segment aktiv sind, stellen nicht nur Kapital, sondern auch Know-how, begleiten die Unternehmen aktiv und setzen auf Wertsteigerung durch Entwicklung – nicht nur durch Finanzhebel.
Auch die Struktur des Produkts spielt eine zentrale Rolle. Grundsätzlich lassen sich drei Formen unterscheiden:
- Direktinvestments, bei denen der Fonds gezielt in einzelne Unternehmen investiert, bieten hohe Transparenz und unternehmerischen Einfluss, sind aber meist konzentrierter aufgestellt.
- Dachfondsmodelle investieren dagegen in eine Vielzahl von Zielfonds und sorgen so für eine breite Streuung über Regionen, Branchen, Strategien und Zeitpunkte – ein Vorteil insbesondere für Anleger, die gezielt diversifizieren möchten, um Risiken zu minimieren.
- Co-Investments ermöglichen es Investoren, sich parallel zum Hauptfonds an einzelnen Unternehmen zu beteiligen – meist ohne zusätzliche Managementgebühren, dafür aber mit höherer Mindestbeteiligung und größerem Konzentrationsrisiko. Diese Struktur richtet sich in der Regel an erfahrene oder kapitalkräftige Anleger mit dem Wunsch nach gezielterem Engagement.
Illiquidität ist kein Mangel – sondern Konzept
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal betrifft die Liquiditätsstruktur. Während klassische Private-Equity-Fonds geschlossen sind – also mit fester Laufzeit, begrenzter Rückgabemöglichkeit und langfristigem Kapitalbindungscharakter –, gibt es zunehmend auch semi-liquide Produkte, die quartalsweise Rückgaben ermöglichen. Beide Modelle haben ihre Berechtigung – doch sie folgen unterschiedlichen Logiken.
Geschlossene Fonds entsprechen dem Wesen der Anlageklasse am konsequentesten: Beteiligungen werden langfristig entwickelt, unternehmerisch begleitet und zu einem geeigneten Zeitpunkt veräußert. Die feste Laufzeit schafft dabei nicht nur Stabilität in der Steuerung, sondern ist auch die Voraussetzung für den strategischen Umgang mit Kapital: Sie ermöglicht antizyklisches Investieren, eine gezielte Unternehmensentwicklung und Unabhängigkeit von kurzfristigen Marktbewegungen. Die Illiquidität ist dabei kein Mangel, sondern Teil des Konzepts – und ein wesentlicher Grund, warum Private Equity als Anlageklasse über lange Zeiträume hinweg so erfolgreich ist.
Semi-liquide Fonds wiederum bieten eine gewisse Flexibilität, etwa durch quartalsweise Rückgabemöglichkeiten. Für bestimmte Anlegergruppen – etwa mit regelmäßigem Liquiditätsbedarf – kann das eine interessante Option sein. Allerdings stellt sich gerade bei langfristigen Anlageformen wie Private Equity die Frage, wie sich Rückgaben auf die Stabilität und strategische Steuerung des Portfolios auswirken. Denn Liquidität erfordert entsprechende Reserven – was unter Umständen zulasten der Investitionsquote oder des Renditepotenzials gehen kann.
Letztlich hängt die passende Struktur stark vom Anlegerprofil ab. Wer langfristig denkt und bereit ist, Kapital für mehrere Jahre zu binden, kann mit geschlossenen Fonds am konsequentesten vom Charakter von Private Equity profitieren. Wer dagegen Flexibilität benötigt, findet in modernen Strukturvarianten neue Zugangswege – allerdings oft mit anderen Chancen-Risiko-Profilen.
ELTIF 2.0: Mehr Zugang, aber auch mehr Verantwortung
Mit dem ELTIF 2.0 wurde ein regulatorischer Rahmen geschaffen, der Private Equity für eine breitere Anlegergruppe zugänglich macht – europaweit und mit klaren Auflagen. Einige Produkte starten bereits ab 5.000 Euro und bieten strukturierte Beteiligungskonzepte, häufig mit breiter Diversifikation über Dachfonds oder in gemischten Modellen.
Die Folge: Der Markt wächst rasant. Zahlreiche neue ELTIFs kommen auf den Markt – mit unterschiedlichen Anlageschwerpunkten, Laufzeiten und Strukturen. Umso wichtiger ist es, die Angebote sorgfältig einzuordnen.
Private Equity ist kein Selbstläufer – sondern ein anspruchsvolles, aber lohnendes Segment für Anleger mit Weitblick. Wer es empfiehlt, sollte nicht nur Chancen und Risiken einordnen, sondern auch den Zugang sorgfältig prüfen. Je größer das Interesse, desto wichtiger wird die Auswahl – und damit die Rolle spezialisierter Anbieter und gut informierter Finanzberater.